In guten wie in schlechten Zeiten

Die 67-jährige Marlène und der 77-jährige André sind seit 33 Jahren verheiratet. Seit genau zwei Jahren, seit September 2017, sind sie zudem oft am HFR Freiburg – Kantonsspital anzutreffen. Damals traten bei Marlène die ersten Anzeichen einer seltenen Autoimmunerkrankung auf. Nie hätten sie gedacht, ihren Ruhestand in Spitalkorridoren zu verbringen, aber diese Prüfung schweisst sie nur noch stärker zusammen.

Es begann mit Schmerzen im linken Ohr, erinnert sich Marlène. «Ich hörte nicht mehr gut und fühlte mich schlecht. Mein Hausarzt dachte zuerst an eine Ohrentzündung und dann an eine Entzündung der Eustachischen Röhre. Aber nach ein paar Wochen ging es mir so schlecht und war ich so beunruhigt, dass ich nicht mehr warten konnte und die Abteilung für Hals-, Nasenund Ohrenheilkunde des HFR anrief – zum Glück! Als ich der Sekretärin erklärt hatte, wie es mir ging und seit wann die Beschwerden andauerten, gab sie mir sofort einen Termin.» In der HNO-Abteilung wurde Marlènes Fall sehr ernst genommen: Nach diversen Untersuchungen bestätigte sich der Verdacht auf eine Autoimmunkrankheit. Marlène erfuhr, dass sie unter granulomatöser Polyangiitis leidet, einer seltenen Krankheit, welche die Blutgefässe angreift. 

Aufgeben kommt nicht in Frage 

«Zum Glück kam ich ins HFR! Ich weiss nicht, wie es mir sonst ergangen wäre ...» Nach einem längeren Aufenthalt in der HNO-Abteilung, wo sie stationär behandelt und operiert wurde, kam Marlène in die Rheumatologie, eine Abteilung, die sich mit der Behandlung von Autoimmunerkrankungen befasst. «Auch hier hat man sich fantastisch um mich gekümmert. Der Rheumaspezialist, der mich betreut, ist fabelhaft. Er ruft mich sogar zu Hause an, um sich nach meinem Befinden zu erkundigen, und ist immer für mich da, wenn ich Fragen oder Sorgen habe.» Tatsächlich kommt es bei solchen Erkrankungen entscheidend auf die Betreuung an, denn wenn sich gewisse Körperfunktionen verschlechtern, kann dies bei den Patienten zu Angst, Entmutigung und gar Depressionen führen. Nicht so bei Marlène, die sich nicht zuletzt dank der Unterstützung ihres Ehemannes kämpferisch  zeigt: «Jammern bringt ohnehin nichts, man muss vorwärtsschauen », verkündet sie. Doch die Krankheit ist hartnäckig. André erinnert sich an die Verzweiflung seiner Frau, als ihre Augen plötzlich schlechter wurden: «Da dachte ich, sie würde aufgeben.» In der Augenklinik wurde Marlène an einem Star operiert, der als Nebenwirkung ihrer Therapie auftrat. Ihr Augenlicht ist ausser Gefahr, aber der Krankheitsverlauf ist ungewiss. Nicht von ungefähr erfordern solche Erkrankungen eine ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Abteilungen. Auch Marlène war innerhalb der vergangenen zwei Jahre bei zahlreichen Ärzten. «Ich werde sehr sorgfältig betreut. Meine Therapie ist erstklassig und wurde den atypischen Aspekten meiner Krankheit angepasst. Die Ärzte haben mein vollstes Vertrauen.» 

Gemeinsam stark 

André ist bei allen Terminen dabei; er kennt die Krankengeschichte seiner Frau auswendig. In den Abteilungen ist er immer gern gesehen. «Ich bringe die Pflegenden gerne zum Lachen», erzählt er, «sie leisten enorm viel unter oft schwierigen Bedingungen». Heute hat Marlène Schmerzen in den Gelenken und eine steife Schulter. André erholt sich von einer Lungenentzündung, die er nicht im Spital behandeln lassen wollte: «Ich will Marlène nicht alleine zu Hause lassen.» Wer liebt, dem wachsen Flügel.

 

H24 NR. 9 / Herbst 2019