Aus eigenen und fremden Fehlern lernen

Kategorie : HFR
Authored by Priska Rauber
Sonntag 7 September 2025
CIRS

Ist im Spital von einem Fehler die Rede, rückt sofort das Schreckgespenst möglicher alarmierender Folgen in den Vordergrund. Aber Fehler sind menschlich und daher unvermeidlich. Ausserdem können wir aus ihnen lernen. Das Qualitätsmanagement des freiburger spitals setzt auf eine gelebte «Fehlerkultur

Einen Fehler einzugestehen, fällt oft schwer. Besonders in einem Spital, wo der Begriff «Fehler» sofort mit schwerwiegenden Konsequenzen und möglichen Gerichtsverfahren assoziiert wird. In der öffentlichen Wahrnehmung sind Fehler nach wie vor verpönt und werden von manch medizinisch-pflegerischer Führungskraft noch immer tabuisiert. Dabei sind Fehler menschlich und glücklicherweise nur selten mit tödlichen Folgen verbunden. Sie sind weder Versagen noch Regelverstoss, sondern unverzichtbarer Baustein eines jeden Lernprozesses.

«Ein Fehler wird grundsätzlich als negativ betrachtet», weiss Janick Gross, Leiterin der Abteilung Qualitätsmanagement des HFR. «Doch ein Fehler, der erkannt, analysiert und genutzt wird, um Massnahmen zur Verbesserung der Patientensicherheit zu ergreifen, ist weit positiver als ein vertuschter Fehler.» Ihr Team hat sich, basierend auf einer «Fehlerkultur» und dem CIRS, das vor rund zehn Jahren eingeführt wurde, intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt.

CIRS steht für Critical Incident Reporting System und ist ein Meldesystem, das es den Mitarbeitenden ermöglicht, Zwischenfälle anonym oder vertraulich zu melden. Etwa 20 Prozent dieser Meldungen erfolgen anonym. Um die Meldung von Zwischenfällen zu fördern, ist es wesentlich, dass die Meldenden keine strafrechtlichen Konsequenzen fürchten müssen. Aus diesem Grund «unterstützen auch die Direktion und die Führungskräfte des HFR diese Fehlerkultur», erklärt die Qualitätsmanagerin.

Aber auch das ist nicht selbstverständlich, denn Spitäler tendieren oft dazu, sich bei Fehlern vor dem Risiko strafrechtlicher Konsequenzen zu schützen. Dies führt häufig dazu, dass stattdessen eine Kultur der Unfehlbarkeit propagiert wird. In den letzten zwanzig Jahren hat sich der Ansatz zur Qualität und Sicherheit in der Gesundheitsversorgung in der Schweiz jedoch stark gewandelt – insbesondere durch nationale Programme zur Risikominderung. Folglich wurde das CIRS eingeführt.

Das Instrument steht zusammen mit der Patientenzufriedenheit und dem Beschwerdemanagement (siehe Seite 19) im Mittelpunkt des Auftrags der Abteilung Qualitätsmanagement des HFR.

Damit sich ein Fehler nicht wiederholt
Im vergangenen Jahr wurden 879 Fälle gemeldet. Jeder Fall wird systematisch in sogenannten «Kreisen» (Standorte und wichtigste Abteilungen) von einer eigenen Gruppe analysiert. Diese besteht aus einer Pflegeexpertin oder einem Pflegeexperten, einer Fachexpertin oder einem Fachexperten Pflege, einer Ärztin oder einem Arzt und einer Vertreterin oder einem Vertreter der Abteilung Qualitätsmanagement. Es geht darum, zu verstehen, wie es dazu gekommen ist und warum. «Wir suchen nicht nach Schuldigen, sondern nach Verbesserungsmassnahmen, die wir einführen können, damit so etwas nicht wieder passiert», betont die Abteilungsleiterin.

Dank der ausführlichen Analyse kann eine Fehlfunktion korrigiert oder eine Problematik aufgezeigt werden. So kann an die geltenden Vorsichtsmassnahmen erinnert werden und es können konkrete Änderungen eingeführt werden, was letztlich der Verbesserung der Praxis zugutekommt. Als wichtige Ansprechpartnerinnen und -partner in Bezug auf die Patientensicherheit und die Qualität der Pflege sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der betroffenen Abteilungen in die Umsetzung dieser Massnahmen eingebunden.

Ein konkretes Beispiel aus dem Jahr 2024: Eine CIRS-Meldung ergab, dass sich die 50-ml-Ampullen von Noradrenalin und Nitroglycerin sehr ähnelten und im stressigen Alltag von einer Pflegefachfrau beinahe verwechselt worden waren.
> Verbesserungsmassnahme: Die beiden Medikamente werden nun an separaten Orten aufbewahrt. Simpel und effektiv.

Ein weiteres Beispiel aus dem Jahr 2023 betrifft eine Medikamentenüberdosierung: Ein Patient, der nicht so gut Französisch verstand, verwechselte bei der Vorbereitung auf eine Koloskopie eine Tablette mit einem Blister. So nahm er statt einer Motilium-Tablette zweimal 25 Stück ein.
> Verbesserungsmassnahme: Das Dokument «Vorbereitung auf die Koloskopie» wurde dahingehend angepasst, dass die Einnahme von Motilium nicht mehr aufgeführt ist.

Regelmässiger Newsletter
Da es bei standortübergreifenden und internen Verlegungen von Patientinnen und Patienten häufiger zu Herausforderungen kommt (unvollständige Dokumentation, Kommunikationsprobleme usw.), wurde ein Projekt ins Leben gerufen, um den Prozess in diesem heiklen Moment der Übermittlung von Patientendaten zu verbessern. Die eingesetzte Arbeitsgruppe erinnert regelmässig an die guten Praktiken und erarbeitet Checklisten.

Um den Prozess noch weiter zu verbessern, «werden Präventiv- oder Korrekturmassnahmen jetzt regelmässig in einem Newsletter an alle Mitarbeitenden bekanntgegeben», sagt Janick Gross. Denn wie Konfuzius bereits zu sagen pflegte: «Der Dumme lernt aus seinen Fehlern, der Kluge aus den Fehlern der anderen.»