Besser betreut dank vernetzter Versorgung

Die Schweizer Bevölkerung altert immer schneller. Bis 2040 wird der Anteil an über 80-Jährigen um 119 Prozent zunehmen! Die Betreuung dieser Seniorinnen und Senioren wird unser Gesundheitssystem vor grosse Herausforderungen stellen.

Eigentlich eine gute Nachricht: Die Schweizerinnen und Schweizer werden immer älter. Zwischen 2001 und 2021 hat der Anteil der über 64-Jährigen um 19 Prozent zugenommen. Bei den über 80-Jährigen fällt die Zunahme mit 28,4 Prozent noch deutlicher aus. Und glaubt man den Prognosen des Bundesamtes für Statistik, hält dieser Trend in den kommenden Jahren weiter an.

Im Jahr 2040 werden im Kanton Freiburg 55 Prozent mehr Personen zwischen 65 und 79 Jahren leben als 2022; das entspricht einem Anstieg von 41 588 auf 64 500 Personen. In der Altersgruppe Ü80 wird diese Zunahme ganze 119 Prozent betragen – statt 14 032 Personen (Stand 2022) wird der Kanton Freiburg sage und schreibe 30 700 über 80-Jährige Bürgerinnen und Bürger beherbergen.

Zu dieser rasanten Zunahme der durchschnittlichen Lebenserwartung kommt hinzu, dass nun die geburtenstarken Jahrgänge zwischen 1945 und 1970, die sogenannten „Babyboomer“, ins Seniorenalter kommen: eine grosse Herausforderung für die Gesellschaft, ganz besonders für das Gesundheitswesen.

„Bei den stationären Spitalaufenthalten stellen die älteren und alten Patientinnen und Patienten bereits den Löwenanteil“, bestätigt Dr. med. André Laszlo, Chefarzt Geriatrie am HFR.

Grafik Senioren

Netzwerke für die geriatrische Versorgung
Weniger jüngere Patientinnen und Patienten bedeutet auch, weniger unkomplizierte Fälle. Stattdessen betreuen die Bettenstationen immer mehr und immer ältere Patientinnen und Patienten mit chronischen, stark beeinträchtigenden Leiden und Mehrfacherkrankungen.

„Um ihnen eine geeignete Versorgung zu bieten, braucht es geriatrische Versorgungsnetzwerke“, so Dr. med. Laszlo. „Diese würden es ermöglichen, die an der Behandlung beteiligten Akteure – darunter das Spital – zu koordinieren, und vor und nach einem Spitalaufenthalt spezifische Abklärungen zu tätigen. Heute wartet man oft erst ab, bis es nicht mehr geht, bevor eine Betreuung eingeleitet wird. Das passiert dann häufig über die Notaufnahme.“

Betagte Patientinnen und Patienten sind allgemein gebrechlicher und bringen oft funktionelle Probleme mit, sind nicht optimal ernährt oder nur noch eingeschränkt mobil. „Ärztinnen und Ärzte, Ergo- und Physiotherapieteams und die Pflegenden müssen hier multidisziplinär zusammenarbeiten“, so Filipe Ferreira Moreira, Departementsleiter Pflege Geriatrie, Rehabilitation und Rheumatologie des HFR. „Werden ältere Personen bereits vor einem Spitalaufenthalt von einem Thema Thema solchen interdisziplinären Team begleitet, können sie an geeignete Angebote weiterverwiesen werden. Das erhält ihre Selbstständigkeit, kann die Voraussetzungen für eine Rückkehr nach Hause schaffen und Spitalaufenthalte reduzieren helfen.“

Seniors+
Dem will das kantonale Konzept „Senior+“ entgegenwirken: Ziel ist es, ein Netzwerk für die Versorgung älterer Menschen zu entwickeln und die entsprechenden Angebote besser koordinieren. Allerdings: „Im Kanton fehlt es an frei praktizierenden Geriatrieärztinnen und -ärzten und ganz allgemein an Pflegepersonal, das macht es diesem Konzept nicht leicht“, gibt Dr. med. Laszlo zu bedenken.

Ein weiteres Hindernis: das komplexe Tarifsystem mit seinen unzähligen Codes, das dem Pflegepersonal zusätzlichen Aufwand beschert. „Sämtliche Therapiemassnahmen müssen erfasst werden“, erklärt Filipe Ferreira Moreira. „Andernfalls können sie nicht in Rechnung gestellt werden, was die Erstattung gefährdet.“

Der administrative Aufwand nimmt damit auf allen Ebenen zu. „Das geht zu Lasten der Zeit am Patienten, die doch gerade in der Geriatrie so wichtig ist“, bedauert der Departementsleiter Pflege. All diese Einschränkungen führen dazu, dass die Spezialisierungen in diesem Bereich dünn gesät sind, obwohl die Nachfrage ständig steigt.

Doch die beiden Experten geben die Hoffnung nicht auf: „Die Situation kann sich auch wieder ändern, und es gibt Lösungen“, gibt sich Filipe Ferreira Moreira zuversichtlich. „Die Seniorinnen und Senioren von morgen sind anders als früher, offener für neue Technologien.“ Gemeint sind Sturzsensoren, Notrufknöpfe, Videoüberwachung, Assistenzroboter usw. Für Dr. med. Laszlo ist klar: „Wir müssen offen sein für neue Wege.“

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